August 2016
«Ich bin nicht, wie ich sein sollte»

Polarity «Ich bin nicht, wie ich sein sollte»

Der Leistungsdruck und das Bemühen, äusseren Ansprüchen gerecht zu werden, führt bei vielen Kindern und Jugendlichen zur Selbstablehnung. In der Polarity Therapie geht es auch darum, die jungen Menschen mit der wertefreien Ebene in sich in Verbindung zu bringen und so Blockaden aufzulösen.

Ein Bild, das sich in meinem therapeutischen Praxisalltag oft bietet, sind erschöpfte Eltern mit ihren Kindern und Jugendlichen. Eltern, die Ängste plagen, weil ihre Kinder Probleme in der Schule haben, weil sie mit den alltäglichen Anforderungen nicht klar kommen. Oft haben sie mehrere Ärzte konsultiert, Abklärungen bei Spezialisten vorgenommen und verschiedene Therapien versucht. Sie sehen sich mit auseinandergehenden Meinungen von Fachkräften konfrontiert, was oft zu zusätzlichen Spannungen innerhalb der Familie führt, bis hin zu Selbstzweifeln: Haben wir als Eltern, habe ich als Elternteil versagt? In meiner Wahrnehmung als Polarity-Therapeut befinden sie sich in einem polarisierten Zustand, der unausgewogen, instabil und erstarrt ist. Das Nervensystem ist permanent aktiviert – im Flucht- und Angstmodus. Dabei geht der Gegenpol verloren: Ausgewogenheit, Erholung, in sich Ruhen und Sicherheit. Dieser Zustand widerspiegelt unsere moderne Gesellschaft mit ihrem Leistungsdruck und dem Credo des immer mehr – und dem Gegenpol: der Angst vor dem Versagen, nicht mithalten können, der Ausgrenzung. Die Leistungsorientierung schlägt sich auch im Lehrplan der Schulen nieder, wo stark auf das passive Lernen, das Aufnehmen sowie Wiedergeben von Lerninhalten, gesetzt wird.

Das spricht nur einen Teil der Konstitutions- und Lerntypen an. In unserer Welt herrscht die Orientierung an der äusseren Norm vor. Unsere Motivation liegt darin, äussere Erwartungen zu erfüllen. Dramatisch wird es, wenn wir diese nicht erfüllen können, wenn wir nicht genügen, wenn wir ein Prädikat erhalten und stigmatisiert werden. Es kommt zur Selbstablehnung: Die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die sich selbst Verletzungen zufügen, die zu sogenannt krankhafter Impulsivität neigen, denen Defizite der Aufmerksamkeit zugeschrieben werden, die ungehemmt zu Betäubungsmitteln greifen, nimmt zu – im gleichen Mass wie die Verabreichung und Verordnung von starken Medikamenten.

Orientierung nach innen
Dr. Randolph Stone, der Begründer der Polarity-Therapie, sagte: «Leben ist Energie in Bewegung.» Diese Energie fliesst immer zwischen zwei Polen. Das ist das universelle Polaritätsprinzip, das in uns und im gesamten Universum omnipräsent am Wirken ist. Mithilfe der energetischen Körperarbeit lenken wir die Aufmerksamkeit nach innen: Was als Entdeckungsreise durch den eigenen Körper beginnt, hat zum Ziel, die energetischen Blockaden aufzulösen. Die im Körper innewohnenden Ressourcen und Selbstheilungskräfte werden aktiviert, damit von innen heraus kreativ konstruktive Prozesse ausgelöst und therapeutisch begleitet werden können. Das trägt zur Regulation des Nervensystems bei. Der Klient erfährt dabei tiefe Ruhemomente, erlebt Phasen der Ausgeglichenheit und verbindet sich mit den ihm innewohnenden, ordnenden und schöpferischen Kräften.

«Ich darf sein, wie ich bin»
Die Ausrichtung auf das energetische System bedeutet, dass wir mit der ursächlichen und wertfreien Ebene in uns in Kontakt treten. In dieser tiefen Schicht zeigen sich die Dinge, wie sie sind. So erhalten wir im therapeutischen Prozess klare Einsichten zu den individuellen Ursachen unserer Krankheitssymptome sowie die richtungsgebenden Impulse für unsere gesundheitliche und persönliche Weiterentwicklung.

Die Integration und Umsetzung dieser in der Therapie gewonnenen Erkenntnisse in der Zusammenarbeit mit Eltern, Bezugspersonen und Fachkräften erlebe ich als sehr kraftvoll. Dazu braucht es den Mut zur Veränderung und die Bereitschaft, neue Wege zu gehen. Das Wohlergehen und die Entwicklung der jungen Menschen sind die Motivation dazu, die Nachhaltigkeit und positiven Ergebnisse geben die Sicherheit.

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Der Autor Thomas Truttmann ist Polarity-Therapeut RPP in Zug